CHEWINGGUM

 

Zwei Männer und ein Vogel

 

Die größte Herausforderung für Theologie & Glaubensvermittlung sind und bleiben unsere Kinder.

Was ich ihnen nicht – zumindest ansatzweise und richtungsweisend – vermitteln kann, von Gott, Mensch

und Leben, das taugt (so meine Behauptung) auch nicht für tausend kluge Bücher oder akademische

Diskurse.

Eine solche Herausforderung ist die sog. Trinität – Gott als Vater, Sohn und Geist. Was ist das und was soll

das sein?

Neulich las ich, dass ein heranwachsendes Kind empört sagte:“Bitte erzähl mir nicht noch einmal, Gott sei

zwei Männer und ein Vogel!“ …

 

Vater – Sohn – und der Heiliger Geist in Form einer Taube …

So versuche ich zumindest immer wieder, Kindern und Jugendlichen zu sagen: Denkt an Wasser: Ihr könnt

drin schwimmen, es trinken, damit duschen. Ihr könnt drauf Schlittschuh fahren oder es mit drei Kugeln

genießen – Erdbeer, Vanille, Schokolade. Oder ihr schwitzt mittendrin und dampfend in der Sauna oder

sucht Eure Hand vor Augen, wenn ihr hineingeratet.

Das EINE Element – in drei Zustandsformen – flüssig, gefroren, verdampfend.

Der eine Gott, die eine göttliche Wirklichkeit – in drei Erfahrungsweisen, dreimal anders gesehen und erlebt.

 

Als göttliche Wirklichkeit und Ur-Grund allen Lebens.

In Jesus, leibhaftig, „unter uns“ und „Gesicht zeigend“ inkarniert („Mensch geworden“).

Über alle Zeiten, Grenzen und Gräben hinweg „im Geist“ weiterwirkend und präsent in der Welt, in und

unter uns.

....

 

Darüber hinaus beschäftigt mich aber seit Jahren noch etwas Weiterführendes an der Trinität und an der

Drei-Dimensionalität Gottes.

Denn in der Welt der Religion, der Religionen, und im Bereich der Spiritualität und Mystik, gilt es eine

Antwort zu finden auf die Frage, wie von Gott, der göttlichen Wirklichkeit, gedacht, geredet und geglaubt

sein will und darf.

Tatsache ist: Der Osten trifft auf den Westen, Gebet auf Meditation und Kontemplation, personale

Gottesrede auf transpersonale Vorstellung, Kirchenglaube und Katechismus auf das weite Feld der Mystik,

Martin Luther auf Meister Eckkart …

Das klingt jetzt schon wieder ansatzweise kompliziert.

Aber gemeint ist: Wie BEGRENZT oder wie OFFEN und WEIT ist unsere Gottesvorstellung, unsere

Beziehung zum Göttlichen?

 

Ken Wilber und Viele mit ihm reden von den drei Gesichtern Gottes:

 

1. Gott, oder die Göttliche Wirklichkeit, in Welt, Natur und Schöpfung – Gottes lebensgrundierende,

schöpferische und lebenserhaltende Präsenz in Allem, was ist und lebt … in Sonne und Regen, Luft und

Winden, meinem Herzschlag und Atmen, in Blume und Stein, Sang und Klang, was immer auch meine fünf

Sinne berühren und erreichen. Praktisch heißt das: Praxis Pietatis – praktizierte Frömmigkeit – als

Achtsamkeit, Empfänglichkeit, Stillwerden, Genießen, Sinne öffnen, Feiern …

 

2. Gott als das Große Du – wie wir es kennen und praktizieren – im Gebet und im Gottesdienst. Gott, von

dem wir uns angeredet wissen und angeredet erfahren, ins Gegenüber gestellt, Gott – grammatikalisch – in

der 2. Person -. Gott – personal – Er zu mir und ich zu ihm, im Reden und Hören. Unsere gewohnte,

praktizierte Form des Glaubens und Denkens – Als Christen, Juden und auch Muslime. Wohl wissend um

seine darüber hinausgehende und alles übersteigende Trans-Personalität.

 

3. Und schließlich: Das dritte, mögliche Gesicht Gottes in mir, in der 1. Person, im Ich und Ich-Sagen. ---

Denn wer – was - bin ich? Was sagt und denkt und fühlt da, wenn ein „Ich“ sich „als Ich“ wahrnimmt?

Gott in mir und ich in Gott?

Darf ich sagen „Gott“ ist auch ich, das „Ich bin“ in mir, mein tieferes, eigentliches Selbst? Gilt nur für Jesus

„Ich und der Vater sind ein. Wer mich sieht, sieht den Vater.“?

Entsetzt sagen Viele: Um Himmels willen! Da sei Gott vor! Der Abstand muss gewahrt sein! Gott als

Gegenüber ja – Gott im „Ich sagen“, nein, weil ein Aufheben der Grenze.

Und doch gibt es auch im Judentum wie im Islam und in unserem christlichen Glauben den Aspekt der

Mystik – nicht als Gotteslästerung und Häresie, sondern als Erfahrung und als Zeugnis innerer Gottesliebe

und Gottesbegegnung.

 

....

 

Ein Test wäre, ob es auch für uns denkbar ist, einander nicht nur mit einem „Hallo? Wie geht‘s?“ im Alltag

zu begegnen – sondern zumindest innerlich, in Gedanken und der Grundhaltung – mit dem indischen

*Namasté“ – was soviel bedeutet wie das gegenseitige: „Ich grüße das Göttliche, das Göttliche ‚Ich bin‘ in

Dir!“

Ein "schräger Gedanke"? ...

Jedenfalls eine Alternative zu all dem, was wir möglichweise sonst so alles in Menschen "hineinprojizieren"

und in ihnen sehen.

 

...

 

 

Die drei Gesichter Gottes jedenfalls faszinieren mich.

Die drei Dimensionen göttlicher Wirklichkeit.

 

Und ‚zwei Männer und ein Vogel‘ locken mich zum tieferen Verstehen!

 

 

 

 

 


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